Die garantierte Leistung ist bei einer Lebensversicherung bereits bei Vertragsabschluss sicher. Erwirtschaftet die Gesellschaft einen Gewinn, profitiert der Versicherte zusätzlich von der sogenannten Überschussbeteiligung. Wie es funktioniert, zeigt der folgende Ratgeber.
- Die Überschussbeteiligung erhält der Versicherte zusätzlich zur garantierten Leistung.
- Überschüsse bei einer Lebensversicherung entstehen durch höhere Erträge oder niedrigere Kosten als geplant.
- Wie viel davon anteilig an den Kunden zurückfließt, ist gesetzlich geregelt.
- Werden Sparer am Überschuss beteiligt, profitieren sie z.B. von einer höheren Ablaufleistung, zusätzlicher Rente oder günstigeren Beiträgen.
Was ist eine Überschussbeteiligung?
Wie alle Unternehmen haben auch Versicherungen das Ziel, einen Gewinn zu erwirtschaften. Gibt die Versicherung einen Teil dieses Ertrags an ihre Kunden weiter, spricht man von einer sogenannten Überschussbeteiligung. Diese wird auch als Gewinnbeteiligung oder laufende Verzinsung bezeichnet. Eine Lebensversicherung erwirtschaftet Überschüsse z.B. aus Kapitalanlagen, geringeren Schadenszahlungen oder sinkenden Betriebskosten. Im Gegensatz zur garantierten Leistung (Garantiezins), die der Versicherte immer bekommt, richtet sich der Überschussanteil nach der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft.
Bei welchen Versicherungen gibt es eine Überschussbeteiligung?
Eine Überschussbeteiligung gibt es überall da, wo ein Kapitalstock aufgebaut wird, entsprechende Gewinne entstehen, und diese an den Versicherten weitergegeben werden. Neben der Lebensversicherung findet man diese noch bei:
- klassische private Rentenversicherung
- staatliche geförderte Altersvorsorge (z.B. Riester-Rente)
- private Krankenversicherung
- Berufsunfähigkeitsversicherung
- Unfallversicherung mit Prämien-Rückgewähr
- Sterbegeldversicherung
Welche Überschussbeteiligungen gibt es?
Die Überschussbeteiligung setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Der laufenden Beteiligung, dem Schlussüberschuss sowie den sogenannten Bewertungsreserven. Dazu im Einzelnen:
Laufender Überschuss
Schlussüberschuss
Bewertungs-Reserven
Verwendung und Weitergabe an Versicherte
Die Überschussbeteiligung wird je nach Vertragsform und Tarif auf unterschiedliche Art an die Versicherten weitergegeben. Dazu in Einzelnen:
- Verzinsung / Ansammlung: Bei der Verzinsung bzw. Ansammlung verbleiben die Überschüsse im Vertrag und werden dem Guthaben zugerechnet. Sie verzinsen sich fortlaufend (sogenannter Zinseszinseffekt) und erhöhen dadurch automatisch die Leistung bei Vertragsende.
- Bonus- oder Zusatzversicherung: Hierbei werden mit den Überschüssen zusätzliche beitragsfreie Leistungen finanziert. Dazu gehört z.B. eine Erhöhung der Versicherungssumme im Todesfall oder eine Verlängerung des Versicherungsschutzes ohne Mehrkosten.
- Beitragsverrechnung: Die Mehrerträge werden direkt mit den laufenden Beiträgen verrechnet. Der Versicherungsnehmer profitiert also davon, weniger Beiträge zahlen zu müssen.
- Barauszahlung: Bei manchen Verträgen besteht die Möglichkeit, sich die Gewinnanteile regelmäßig auszahlen zu lassen. Diese Variante ist jedoch weniger empfehlenswert, da hierdurch der Vertragswert sinkt, und die Leistung bei Ablauf geringer ausfällt.
Welche Überschüsse gibt es?
Erwirtschaftet die Versicherung mehr Gewinne, oder hat niedrige Kosten als ursprünglich kalkuliert, entstehen einer oder mehrere der folgenden Überschüsse.
- Zinsüberschüsse: Zinsüberschüsse stammen z.B. aus Zinsen, Dividenden oder Kursgewinnen von Aktien. Sie entstehen, wenn die Kapitalanlage mehr Ertrag bringt, als dem Kunden als garantierte Leistung zugesagt wurde.
- Risikoüberschüsse: Ein Risikoüberschuss entsteht, wenn bei einem Versicherer weniger Schadens- oder Leistungsfälle auftreten, als ursprünglich angenommen. Beispiele hierfür sind niedrigere Zahlungen bei einer Rentenversicherung oder weniger Invaliditätsfälle bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Auch ein besseres Risikomanagement kann sich positiv auf das Ergebnis auswirken.
- Bewertungsreserven: Hierbei handelt es sich um stille Reserven, die sich aus der Differenz von aktuellen Marktwerten der Anlagen (z. B. Anleihen, Aktien, Immobilien) zu den Buchwerten in der Bilanz ergeben.
- Kostenüberschüsse: Durch eine effizientere Arbeitsweise, eine schlankere Verwaltung oder digitalisierte Prozesse lassen sich Kostenüberschüsse erzielen. Sie fließen als Differenz zur ursprünglichen Kalkulation wieder zurück.
Wie hoch ist eine Überschussbeteiligung?
Die Höhe der Beteiligung hängt in erster Linie vom wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft ab. Dazu gehört z.B., wie viele Erträge die Versicherung aus Kapitalanlagen erwirtschaftet, oder wie viele Schadensfälle sie abwickeln muss. Entscheidend sind auch Vertragsdetails, wie etwa der gewählte Tarif, die Höhe des Garantiezins oder die Laufzeit. Ein weiterer Punkt ist, ob die Überschüsse im Vertrag angesammelt, oder dem Versicherten bereits vorher ausgezahlt werden, wie z.B. bei der Beitragsverrechnung. Versicherungen sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, ihre Kunden „angemessen“ an den Überschüssen zu beteiligen. Die Mindestzuführungsverordnung (MindZV) legt hierbei fest, wie viel an den Versicherten mindestens zurückfließen muss:
- Zinsüberschüsse: mindestens 90 %
- Risikoüberschüsse: mindestens 90 %
- Bewertungsreserven: mindestens 50 %
- Kostenüberschüsse: keine einheitliche Regelung
Wo finde ich die Überschussbeteiligung meiner Versicherung?
Diese wird in der sogenannten Überschussdeklaration des Versicherers veröffentlicht. Als Kunde findet man sie am einfachsten in der jährlichen Standmitteilung bzw. dem jährlichen Kontoauszug.
Tabelle mit Überschussbeteiligungen 2022 bis 2025
Die folgende Tabelle zeigt die Überschussbeteiligungen von 10 bekannten deutschen Lebensversicherungen. Dargestellt sind die Werte in Prozent für die Jahre 2022 bis 2025. Wie man erkennen kann, hat sich die Ertragssituation nach einigen schlechteren Jahren erholt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der gestiegene Kapitalmarktzins nach einer langen Niedrigzinsphase.
Wie wird die Überschussbeteiligung berechnet?
Für die Berechnung gibt es keine einheitliche Methode oder Formel, da diese komplex ist und von verschiedenen Faktoren abhängt. Jedoch kann man sich den Zusammenhang anhand einer einfachen Beispielrechnung verdeutlichen, siehe angenommene Zahlen:
Eingezahlte Beiträge (Sparanteil): 20.000 €
Garantiezins (0,25 % p.a. über 20 Jahre): 1.000 €
Laufende Überschüsse (z. B. Ø 2 % p.a.): 8.000 €
Schlussüberschuss: 2.000 €
Beteiligung an Bewertungsreserven: 1.000 €
Auszahlung: 20.000 € + 1.000 € + 8.000 € + 2.000 € + 1.000 € = 32.000 €
Wann wird die Überschussbeteiligung ausgezahlt?
Die Auszahlung einer Überschussbeteiligung erfolgt nicht zu einem einheitlichen Zeitpunkt, sondern ist je nach Vertrag und Situation unterschiedlich geregelt.
Komplette Auszahlung bei Vertragsablauf
Teilauszahlung bei vorzeitiger Kündigung
Bei monatlicher Rente
- Konstante Rente: Die Überschüsse fließen von Anfang an in voller Höhe in die Rentenzahlung ein. Dadurch ist die Rente am Anfang höher, steigt jedoch im Verlauf nicht weiter an. Bei schlechter Ertragslage der Versicherung kann sie sogar wieder sinken.
- Die dynamische Rente beginnt zunächst komplett ohne Überschuss, welcher jedoch nach und nach integriert wird. Die Rente startet dadurch niedriger, wächst jedoch im Laufe der Jahre an. Die neue höhere Rentenzahlung wird dann zur Garantierente, welche später nicht mehr absinken kann.
Vorzeitig bei bestehendem Vertrag
Ist eine vorzeitige Auszahlung sinnvoll?
In dem Fall profitiert der Versicherungsnehmer zwar kurzfristig von den Überschüssen. Die Ablaufleistung fällt jedoch später geringer aus, da sich die entnommenen Beträge nicht mehr mit verzinsen können. Eine vorzeitige Auszahlung ist daher wenig sinnvoll.
Alternative: Widerruf
Statt einer Kündigung kann je nach Vertrag auch ein Widerruf in Betracht kommen. Ältere Policen lassen sich zum Teil bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung komplett rückabwickeln. In dem Fall erhält der Versicherte die eingezahlten Beiträge inklusive der bis dahin aufgelaufenen Erträge zurück.
Vermögenswirksame Leistungen
Vermögenswirksame Leistungen können neben den bekannten Sparformen, wie z.B. Fonds oder Bausparen, auch in eine Lebensversicherung einfließen. Die monatlichen Zahlungen vom Arbeitgeber werden wie gewöhnliche Beiträge verzinst und am Überschuss beteiligt. Wer eine VL-Lebensversicherung abschließt, sollte jedoch einige Punkte beachten.
- Lange Bindung: Es gilt nicht die bei VL-Anlagen sonst übliche Sperrfrist von 7 Jahren. Die Verträge laufen viele Jahre, wie z.B. bis zum Rentenbeginn.
- Kostenstruktur: Die Policen haben höhere Abschluss- und Verwaltungskosten als Fonds- oder Banksparpläne.
- Rendite: Die Erträge sind meist niedriger als bei anderen Anlageformen.
- Staatliche Förderung: Lebensversicherungen werden in Gegensatz zu anderen Sparformen nicht staatlich gefördert.
Ist eine Überschussbeteiligung steuerpflichtig?
Ob eine Überschussbeteiligung versteuert werden muss, hängt von der Art der Auszahlung, dem Vertragsbeginn sowie der Vertragslaufzeit ab. Dazu im Einzelnen:
Bei einmaliger Kapitalzahlung
Bei wiederkehrenden Bezügen
Nur die Hälfte der Steuerpflicht
Gar keine Steuerpflicht
Wie werden die Erträge versteuert?
Zunächst behält der Versicherer auf den Ertragsanteil automatisch Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ein. Der Steuerpflichtige kann jedoch in seiner nächsten Einkommensteuererklärung über die Anlage KAP eine sogenannte Günstigerprüfung beantragen. Darin wird überprüft, ob der persönliche Steuersatz oder der Abzug über die Abgeltungssteuer günstiger ausfällt. Ist der persönliche Steuersatz niedriger, gibt es vom Finanzamt eine Erstattung. Liegt er darüber, bleibt es trotzdem bei der Abgeltungsteuer, es gibt also keine Nachzahlung.
Gesetzliche Regelungen
Wie Kunden an den Überschüssen einer Lebensversicherung beteiligt werden, ist gesetzlich geregelt. Folgende Paragrafen sind hierbei besonders relevant:
- §153 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) regelt den Anspruch auf Überschussbeteiligung inklusive der Bewertungsreserven.
- MindZV (Mindestzuführungsverordnung 2016) legt fest, wie viele Überschüsse an den Kunden zurückfließen müssen.
- §139 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) regelt Bilanzierung und Verwendung der Gewinne.