Arbeitnehmer können vermögenswirksame Leistungen auch rückwirkend erhalten: Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen und für einen festgelegten Zeitraum. Wir klären auf.
- Vermögenswirksame Leistungen lassen sich auch nachträglich beantragen.
- In den meisten Fällen ist eine rückwirkende Einzahlung zum 1. Januar des laufenden Jahres möglich.
- Übernimmt der Arbeitgeber die Nachzahlung nicht, können Arbeitnehmer den Betrag vom eigenen Netto überweisen.
- Im öffentlichen Dienst und für Beamte gelten andere Regeln als für normale Angestellte.
Kann man vermögenswirksame Leistungen auch rückwirkend erhalten?
Häufig kommt es vor, dass Arbeitnehmer vermögenswirksamen Leistungen nicht sofort beantragen. Das liegt daran, dass viele gar nicht wissen, dass ihr Arbeitgeber VL anbietet. Oder man vergisst, nach Ablauf des alten VL-Vertrags gleich einen neuen abzuschließen. Manchmal kommt es auch durch einen Arbeitgeberwechsel zu einer Unterbrechung der Zahlungen. Um kein Geld zu verschenken, gibt es die Möglichkeit, VL rückwirkend zu beziehen. Das bedeutet, dass auch vergangene Monate berücksichtigt werden.
Wie lange kann man vermögenswirksame Leistungen rückwirkend beantragen?
In den meisten Fällen können Arbeitnehmer die vermögenswirksamen Leistungen rückwirkend zu Beginn des Jahres erhalten, in dem der Arbeitgeber erstmalig Geld eingezahlt hat. Der frühestmögliche Termin ist also der 01. Januar des Jahres, in dem der VL-Vertrag abgeschlossen wurde. Hierzu folgendes Beispiel:
- Die Arbeitnehmerin Frau Seidel bekommt 40,00 € VL pro Monat, die sie in ETF anlegt.
- Sie schließt den Vertrag mit Beginn 01.04.2024 ab, möchte jedoch den finanziellen Vorteil für das komplette Jahr nutzen. Frau Seidel bittet ihren Arbeitgeber daher um eine nachträgliche Einzahlung für die Monate Januar bis März.
- Hierzu trägt sie auf der Anlagebestätigung, die sie vom Anbieter bekommt, den zusätzlichen Einmalbetrag in Höhe von 120,00 € ein.
- Die Bestätigung legt sie ihrem Chef vor, welcher daraufhin insgesamt 160,00 € (4 x 40,00 € für Januar, Februar, März und April) auf ihr VL-Depot überweist.
Wer zahlt die rückwirkenden Beiträge: Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?
Manchmal ist dies im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt. Gibt es hierzu keine besondere Vereinbarung, ist die Nachzahlung für den Arbeitgeber freiwillig. Ist der Betrieb nicht dazu bereit, haben Sie als Arbeitnehmer jedoch immer die Möglichkeit, den Betrag von Ihrem Nettogehalt abziehen zu lassen, und auf den Sparvertrag zu überweisen. Die Überweisung auf das VL-Konto nimmt übrigens immer der Arbeitgeber über die Lohnabrechnung vor, egal wer die Beiträge finanziert.
Sind nachträgliche Einzahlungen bei jeder Anlageform möglich?
Dies hängt von den genauen Vertragsbedingungen ab. Bei Bank- und Fondssparplänen ist dies i.d. Regel kein Problem. Schwieriger wird es jedoch bei einem Bausparvertrag. In den ABB (allgemeine Bedingungen für Bausparverträge) ist geregelt, wie viel Promille der Bausparsumme als monatliche Rate zu zahlen sind. Eine höhere Einzahlung bedarf der Zustimmung der Bausparkasse, welche immer vorher eingeholt werden sollte. Ansonsten kann es sein, dass die Bausparkasse den überschießenden Betrag zurück überweist. Bei der Baukredit-Tilgung richtet es sich danach, ob im Kreditvertrag Sondertilgungen erlaubt sind.
Was gilt im öffentlichen Dienst und für Beamte?
Für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten zwei wichtige Unterschiede. So haben z.B. Beschäftigte laut Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) lediglich Anspruch für die beiden vorangegangenen Monate desselben Kalenderjahres. Zudem ist immer der Dienstherr verpflichtet, die nachträglichen Einzahlungen zu leisten.
Kann man auch die Arbeitnehmersparzulage nachträglich beziehen?
Vermögenswirksame Leistungen werden mit der Arbeitnehmersparzulage staatlich gefördert. Auch die Förderung lässt sich nachträglich beantragen, und zwar für die vergangenen 4 Jahre. Die Frist für die Antragstellung läuft immer zum 31.12. des vierten Jahres ab. Wer also z.B. die Sparzulage für 2024 beziehen möchte, hat hierfür bis zum 31.12.2028 Zeit. Wichtig ist, dass Sie 1. im genannten Zeitraum die Sparraten regelmäßig eingezahlt, und 2. die erlaubten Einkommensgrenzen nicht überschritten haben. Ausführliche Infos hierzu finden Sie im Kapitel zur Arbeitnehmersparzulage.
Wann beginnt die bei VL übliche Sperrfrist?
Die Sperrfrist (mehr Infos unter dem Link) eines VL-Vertrags beginnt immer rückwirkend zum 01.01. des Jahres, in dem die vermögenswirksamen Leistungen abgeschlossen wurden. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung nachträglich in Anspruch genommen wurde, oder nicht.
Sandra meint
Hallo,
wenn ein Arbeitnehmer (im Mai bereits ausgeschieden) nun rückwirkend die vermögenswirksamen Leistungen haben möchte: Muss ich diese gewähren? Der MA ist im Januar eingetreten, und hat ab Februar die VWL erhalten, da dann der Antrag abgegeben wurde. Von Januar war nie die Rede. Nach Ausscheiden des MA, wird für Januar der AG-Anteil gefordert.
VG
Martin Sohn meint
Hallo,
ein rückwirkender Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der VL (auch für den Januar) besteht dann, wenn es im Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung dazu gibt. Ist dies nicht der Fall, können Sie als Arbeitgeber selbst entscheiden, wie Sie vorgehen möchten. Möglicherweise hat der Arbeitnehmer jedoch gar keinen Anspruch mehr auf die nachträgliche Zahlung, da er nicht mehr im Unternehmen arbeitet. Dies wäre jedoch eine arbeitsrechtliche Frage, die ich jetzt nicht beantworten kann.
Freundliche Grüße
Chris meint
Guten Tag,
ich habe am 01.08.2023 bei meinem neuen Arbeitgeber angefangen. Habe dabei auch gleich eine Kopie meines Bausparvertrages vorgelegt, um die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 40€ zu erhalten. Nun habe ich die letzten Lohnabrechnungen nicht kontrolliert, und jetzt festgestellt, dass ein Fehler unterlaufen sein muss und ich die VWLs nicht erhalten habe. Können diese noch rückwirkend vom Arbeitgeber gezahlt werden, oder habe ich in der Sache Pech gehabt?
LG
Martin Sohn meint
Hallo,
ja eine Nachzahlung ist rückwirkend zum Jahresbeginn, also dem 01.01.2023 möglich. Erkundigen Sie sich am besten bei Ihrem Arbeitgeber. Ich vermute mal, dass Sie das Geld nachgezahlt bekommen.
Freundliche Grüße
Fabian meint
Hallo,
mein altes Unternehmen in dem ich gearbeitet habe, ist in die Insolvenz gegangen. Ein Kollege hat das Unternehmen aufgekauft, womit es praktisch ein neues Unternehmen ist. Der neue Chef war eigentlich verpflichtet, alle Boni, die die Mitarbeiter hatten, weiterzuführen. Mein alter Chef zahlte mir VwL. Leider habe ich erst nach zwei Jahren erfahren, dass der neue Chef nicht weiter gezahlt hat. Kann ich die Nachzahlung für die letzten zwei Jahre einfordern?
Martin Sohn meint
Hallo,
normalerweise kann man vermögenswirksame Leistungen lediglich rückwirkend zum Beginn des aktuellen Jahres einfordern. In Ihrem Fall könnte es jedoch sein, dass Sie eine (arbeits)-rechtliche Forderung an den Arbeitgeber haben, welche den kompletten Zeitraum betrifft. Da kann ich aber auch nur mutmaßen, bzw. bin hierfür nicht der richtige Ansprechpartner.
Freundliche Grüße